Angriff auf Antifaschist*innen Teil 2

Bild: https://twitter.com/fabiansteff/status/1381879524695097345/photo/1

Nach dem Angriff der Nazis eine Woche zuvor kamen am 12. April zirka 175 Antifaschist*innen nach Syke um deutlich zu machen, dass Angriffe durch Nazis nicht einfach hingenommen werden.

Leider nahm die Polizei an diesem Tag Banalitäten wie einen Rauchtopf zum Anlass um gegen die Demonstration massiv Gewalt auszuüben. An unterschiedlichen Stellen wurde auf die Demonstrant*innen eingeprügelt und einzelne gezielt gejagt. Wir dokumentieren an dieser Stelle dass Pressestatement der Jugendantifa Syke:

Im Folgenden möchten wir, die Jugendantifa Syke, die Demo am vergangenen Montag, den 12.04.2021, aus unserer Sicht rekapitulieren.

Bereits in der Vergangenheit haben wir Erfahrungen mit der Oldenburger BFE (6. BPH) gemacht. Auch bei der von uns organisierten Demo vergangenen Montag kam es wieder zu gewaltvollen Übergriffen seitens der Polizei.

Auslöser der Demo war diese Woche nicht ausschließlich der regelmäßig in Syke stattfindende Lichtermarsch, sondern ebenso ein von sieben Nazis ausgeführter Übergriff auf zwei Teilnehmer*innen der linken Gegendemo am 05.04.2021 in der Nähe des Syker Kirchplatzes. Als sich die beiden Demonstranten*innen dem vereinbarten Treffpunkt, der Fußgängerampel gegenüber der Christuskirche, näherten, wurden sie von vermummten Männern mittleren Alters attackiert, geschlagen und mit Pfefferspray angegriffen. Mehrere Vorfälle deuten darauf hin, dass dieser Angriff auf linke Aktivisten*innen von einer Gruppe Nazis ausgeführt wurde. Die Polizei war zu diesem Zeitpunkt – weniger als fünf Minuten vor Demobeginn – im Gegensatz zu den Wochen davor nicht vor Ort. Bei einem späteren Gespräch mit den dann aufgetauchten Polizisten*innen wurde die Vermutung bezüglich eines politischen Übergriffs der extrem rechten Szene geäußert. Der zuständige Einsatzleiter lachte darüber und kommentierte, gehört zu haben, dass es sich „um irgendwelche Türken“ gehandelt habe. Verständnis für den gewaltvollen Übergriff oder die Intention, nach den Angreifern zu suchen, waren nicht vorhanden. Die taz berichtete: https://taz.de/Angriff-auf-Antifaschisten-in-Syke/!5760928/

Als unsere Demo diesen Montag stattfand, wurde der Lichtermarsch jedoch abgesagt. Trotzdem reisten viele Aktivisten aus Bremen und dem Umland an, um uns als Jugendantifa Syke zu unterstützen. Ungefähr 175 Demonstranten nahmen Teil und liefen gemeinsam vom Syker Bahnhof gegen 17 Uhr los. Kurz vor dem Parkplatz des Syker-Hacheparks kam es dann zu ersten Komplikationen. Als ein Rauchtopf innerhalb des Blocks gezündet wurde, stoppten Polizisten*innen den Zug. An dieser Stelle erfuhren Demonstranten*innen erste gewaltvolle Übergriffe seitens der Polizei. Ein von der Kreiszeitung veröffentlichtes Video zeigt, wie die Beamten mit brachialer Gewalt in die erste Reihe schlugen und traten: https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/syke-ort44535/200-demonstranten-in-der-innenstadt-90456721.html

Auf dem Weg vom Bahnhof zur Zwischenkundgebung am Martini-Parkplatz verlief abgesehen von diesem Vorfall alles friedlich. Zu kritisieren ist jedoch, dass deutlich mehr auf die Abstände innerhalb der Demonstration hätte geachtet werden müssen. Außerdem wurde unser Vorhaben, bunt und kreativ aufzutreten, nicht im vollen Umfang umgesetzt. Stattdessen zeigten sich ein Großteil der Aktivisten*innen schwarz gekleidet. Es gab vereinzelt verbale Provokationen von unserer Seite gegenüber der Polizei, die zum Teil unangemessen und vorallem unangebracht waren.

Die Auflösung der Demonstration am Bahnhof erwies sich jedoch als problematisch. Nachdem der Versammlungsleiter bereits zur Heimfahrt der Aktivisten*innen aufgerufen hatte und sich das Geschehen langsam auflöste, erfolgte ein Versuch der Festnahme einer vermeintlich verdächtigen Person. Hierbei schritt die Polizei unverhältnismäßig gewalttätig und aggressiv ein. Weder vor den Ordnern der Versammlung, noch vor dem Ansprechpartner der Polizei wurde Rücksicht genommen, die Gewalt galt allen, egal ob unmittelbar beteiligt oder nicht.

Mehrere Demonstranten*innen erlitten Schläge und Tritte, wurden zum Teil geschubst und zu Boden gerungen. Bereits an dieser Stelle war die Versorgung einzelner Personen durch versammlungsinterne Sanitäter nötig. Hier hätte die Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit [BFE] Oldenburg die Zielperson einkesseln und mitnehmen können, ohne eine Massenpanik auszulösen. Stattdessen entschlossen sich die Beamten*innen, die speziell für die Festnahme von vermeintlich Verdächtigen ausgebildet sind, gewaltvoll vorzugehen und friedliche, sich bereits zur Abreise bereitmachende Antifaschisten*innen aggressiv und brachial aus dem Weg zu räumen.

Während des polizeilichen Eingriffs warf ein Aktivist*in eine halbleere PET-Flasche, die einen anderen Demonstranten*in traf, der Polizei jedoch nicht ansatzweise nah kam. An diesem Beispiel zeigt sich die überzogene Darstellung der Polizei, die teilweise selbst nicht wusste, warum eine solche Gewalt an den Tag gelegt werden musste.

Dies werteten die Beamten*innen als Anlass, ein zweites Mal die sich auflösende Demonstration zu stürmen. Es fand eine regelrechte Hetzjagd statt, in deren Verlauf Polizisten*innen derartig hinter den Versammlungsteilnehmer*innen herliefen, dass einige von ihnen über die Gleise des Bahnhofs flüchteten. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Gleise des Syker Bahnhofs weiterhin regelmäßig von Zügen befahren. Demnach stellte die, durchaus impulsiv anmutende Hetzjagd seitens der Polizei eine reelle Gefahr für das Leben einiger Aktivisten*innen dar.

Letzten Endes mussten mehrere Aktivisten*innen im Rettungswagen und Krankenhaus ärztlich behandelt werden. Aus dem Affekt heraus wurden Aktivisten*innen verletzt – sowohl körperlich als auch psychisch.

Die Handlungen der Polizisten*innen waren wenig professionell, sehr unüberlegt und emotional überladen. Anstatt deeskalierend zu wirken, sorgten sie selber für Eskalation und Chaos. Ein Teil der Polizeigewalt wurde von Journalisten vor Ort abgelichtet und veröffentlicht: https://twitter.com/fabiansteff/status/1381879513953546243?=19

Mit freundlichen Grüßen und auf Rückfragen wartend

Jugendantifa Syke