Ein Rückblick auf das Jahr 2020

Im Folgenden eine Zusammenfassung rechter Aktivitäten, die im Jahr 2020 im Umfeld der Gemeinde Weyhe von Antifaschist*innen beobachtet wurden:

NPD-Sticker

Das Jahr startete mit der Entdeckung, dass rund um die KGS Leeste zahlreiche Sticker der NPD-Jugendorganisation geklebt worden waren. Die Neonazi-Partei hat in den letzten Jahren mehrere Anläufe unternommen, gezielt Jugendliche an Schulen anzusprechen, scheiterte dabei zum Glück meist kläglich. Die Sticker, die zu einer dieser Schulhof-Kampagnen der Rechtsextremen gehören, tauchten im Umfeld der Leester Schule schon im Sommer 2019 einmal auf. Damals, wie auch bei dem erneuten Auftauchen Anfang 2020, gab es wenig bis keine Reaktionen vonseiten der Schule.

Im Sommer 2020 fanden sich die gleichen NPD-Sticker am Mühlenkamp-Gelände, wo sich regelmäßig viele Schüler*innen treffen. Im Frühjahr wurden in Kirchweyhe auffallend häufig antifaschistische Sticker überklebt oder abgerissen.

Brandanschlag in Syke

Ein großer Schock waren Anfang 2020 zudem die Nachrichten vom mutmaßlich rechtsextremen Brandanschlag in unserem Nachbarort Syke (mit Hakenkreuz- und „Ausländer raus“-Schmierereien) und, kurz darauffolgend die vom mutmaßlich rechtsextremen Brandanschlag auf das Jugendzentrum ‚Friese‘ in Bremen, sowie natürlich die vom rechtsextremen, rassistischen Anschlag in Hanau. Eine neue Welle rechten Terrors, die, im Nachhinein betrachtet, viel zu wenig öffentlich diskutiert wurde.

Bei dem zuerst genannten Ereignis war außerdem u.a. bemerkenswert, dass die Leiterin des Weyher Polizeikommissariats auf Nachfrage äußerte, dass es eine aktive Neonazi-Szene in Syke nicht gebe und „auch früher nicht“ gegeben habe. Das ist eine Behauptung, die absurd erscheint, wenn man an die zahlreichen Nazi-Aufmärsche der letzten Jahrzehnte in dieser Region denkt, die z.T. auch von lokal ansässigen rechtsextremen Gruppen organisiert wurden. Oder an die Anzahl der von Antifaschist*innen dokumentierten rechten Vorfälle, die allein in Weyhe 2020 zu verzeichnen waren. Es bleibt zu hoffen, dass die Polizei davor nicht die Augen verschließt…

 

Rechte Nörgeleien

Wenige Wochen später kritisierte die AfD Diepholz die ‚Nacht der Jugend Weyhe‘ (jährliche Veranstaltung gegen Rassismus & Antisemitismus aus Anlass des Jahrestags der Reichspogromnacht), sowie das ‚Offene antifaschistische Cafe Weyhe‘ in einem Artikel und spricht von „Förderung des Linksextremismus“. Es wird aufgerufen, diesen „Aktivitäten“ „mutig“ zu „widersprechen“.

Schmierereien & Sticker

Gegen Mai tauchen in Leeste und Lahausen wieder rechtsextreme (u.a. NPD-)Sticker auf. Auf einem wird Freiheit für einen wegen Volksverhetzung inhaftierten Holocaustleugner gefordert. Genau dieser Aufkleber tauchte im Dezember 2020 noch einmal an der Sporthalle der KGS Leeste auf. Dann, zeitlich kurz aufeinander folgend, drei besonders gruselige Entdeckungen:

1.: rote SS-Runen und ein Hakenkreuz Graffiti an einem altem Fahrradständer der KGS Leeste (sowie weitere rechte Sticker nahe der Schule) 2.: ein in einen Baum eingeritztes Hakenkreuz im Wald nahe der Schützenhalle Melchiorshausen und 3.: ein Hakenkreuz in grauer Farbe an der KGS Kirchweyhe. Diese Häufung von faschistischen Symbolen in Weyhe ist, im negativen Sinne, bemerkenswert. Es ist nicht auszuschließen, dass in der Zeit noch weitere davon angebracht, bislang aber noch nicht bemerkt und bekannt gemacht wurden. Das ganze wurde an den Schulen nicht größer thematisiert; es entfielen schulinterne Veranstaltungen, wie der „Anti-Rassismus-Tag“, bei denen das hätte geschehen können, aufgrund der Corona-Pandemie.

„Querdenker*innen“

Dieses letzte Stichwort führt uns zum Thema ‚rechte Verschwörungstheorien bezüglich Corona‘, das 2020 deutschland- und weltweit erschreckende Relevanz gewann. Spuren davon ließen sich auch in Weyhe finden:

– an der Alten Weser und am Wieltsee in Dreye tauchten im Mai ohne Ende „Bill Gates (…) Nein zur Zwangsimpfung“-Sticker aus rechten Kreisen auf.

– in Syke formierte sich eine Gruppe rechter Corona-Leugner*innen, zu der sich, nachweislich, auch mehrere Weyher*innen gesellten.

– das ging so weit, dass im Oktober sogar aus einem Chatverlauf der Telegram-Gruppe „Freiheitsboten Syke“ hervor ging, dass eine Lehrerin (!) der KGS Leestee eben diese supportet.

Messer & Briefe

Skurril war im Sommer 2020 auch folgende Nachricht: Der Täter, der Messer an Spielplätzen (u.a. in Lahausen & Kirchweyhe) angebracht hat, ist laut Polizei der selbe, der mit Pulver gefüllte und antisemitische, rechtsextreme und rassistische Schreiben enthaltende Drohbriefe an Parteibüros geschickt hat. Mutmaßlich ein Mann, der sich „im Süden Bremens gut auskenne“.

Verblendete Wutbürger

Im Herbst waren in der Leester Marsch immer wieder neue rechte Schmierereien mit schwarzem Edding an einer Brücke, an Mülleimern, an Schildern und Stromkästen zu finden. Im immer gleichen Schreibstil waren dort u.a. „Merkel in den Knast“, „Fuck Antifa“ oder diskriminierende Sprüche mit dem „N-Wort“ zu lesen. Zudem wurden „Weyhe gegen Nazis“- und „Kein Mensch ist illegal“-Sticker mit schwarzen Edding übermalt und durchgestrichen. Meist passierte das an den Wegen, wo täglich viele Menschen spazieren gehen.Als eindeutige Belege dafür, dass aktive Neonazis in Weyhe unterwegs sind, sind noch folgende Geschehnisse aus 2020 zu sehen:

Auf der Facebook-Seite eines jungen Manns, der laut Profil wohnhaft in Kirchweyhe ist, wurde Anfang des Jahres ein Foto einer privaten Reichskriegsflagge gepostet.Der Mann hat Facebook-Freunde, die zahlreiche rechtsextreme Seiten liken und z.T. selbst bei Facebook angegeben haben, wohnhaft in Weyhe zu sein.

Des Weiteren riefen in Kirchweyhe im Sommer zwei Männer aus einer Gruppe Radfahrer heraus laut „Heil Hitler!“, um eine andere Gruppe, in der sich auch Antifaschist*innen befanden, zu provozieren.

Vor einem Restaurant in Erichshof, das bis vor wenigen Jahren noch als Treffpunkt von rechten Hooligans und Rockern diente, wurde ein auffälliges Auto mit einem Kennzeichen beobachtet, das den Neonazi-Code ‚1488‘ („Fourteen Words“) enthält.

Bürgerliche Hetze

Gegen Ende des Jahres gab es dann in einer großen Weyher Facebookgruppe massive Hetze gegen Geflüchtete im Flüchtlingslager Moria. Schwer rassistische Kommentare bekamen dabei z.T. über 30 Likes von („ganz normalen“) Weyher Bürger*innen. Der Rechtsruck, der vor der bürgerlichen „Mitte der Gesellschaft“ nicht Halt macht, ist also auch hier zu spüren. Im Dezember wurde dann noch ein Weyher NPD-Politiker dabei beobachtet, wie er in Kirchweyhe ‚Antifa‘-Sticker abriss.

Das Jahr 2021 wird in diesem Sinne hoffentlich ereignisarmer. Lasst uns in Weyhe gemeinsam dafür eintreten…

Denn: Weyhe ist bunt – nicht braun

Entschlossen gegen Rassismus & rechte Gewalt!